INTERVIEW MIT LIAM SCARLETT ZU SEINER CHOREOGRAPHIE «WITH A CHANCE OF RAIN»

SH: Vielen Tanzstücken liegt ein bestimmtes Muster zugrunde. Erkennst du ein solches Muster in «With a Chance of Rain»?
 

LS: Ich ging bei diesem Stück ja nicht von einem Narrativ aus. Vielmehr handelte es sich um eine Evokation, die am Beginn des Prozesses stand. Es sollte alles im Fluss bleiben. Bei der Entwicklung des Stücks gehe ich Schritt für Schritt voran. Auf diese Weise formt sich im Lauf der Probenzeit ein Muster. Es muss sich richtig anfühlen im Körper, wie etwas natürlich Gewachsenes. Tanz ist eine fortdauernde Bewegung, die nicht zu einem Halt kommen sollte.

SH: Auffällig sind für mich die erzählerischen Momente, die du in «With a Chance of Rain» einflichst. Welchen Stellenwert hat das Erzählen von Geschichten in deiner Arbeit?


LS: Das ist etwas, das mir sehr viel bedeutet. Viele Choreographen haben dazu ein eher schwieriges Verhältnis, und es ist ja auch keine einfache Angelegenheit. Aber ich entdeckte bereits sehr früh, dass man auch in kleineren Formen wie einem Pas de deux eine Geschichte entdecken und sie mit dem Publikum teilen kann. Aus verschiedenen emotionalen Momenten lässt sich ein großes Narrativ bilden.


Auszug aus dem Programmheft zu «Paradigma» / «With a Chance of Rain»

Premiere beim Bayerischen Staatsballett im Nationaltheater München am 18. Dezember 2020

Fotos: © Bayerisches Staatsballett / Katja Lotter und Wilfried Hösl

Text: © Bayerisches Staatsballett / Serge Honegger

2020 studierte Liam Scarlett seine Choreographie «With a Chance of Rain» beim Bayerischen Staatsballett ein. Er nahm sich 2021 im Alter von 35 Jahren das Leben.