ALCINA - OPER VON GEORG FRIEDRICH HÄNDEL

Musikalische Leitung: Robert Howarth
Regie und Choreographie: Marco Santi

Bühne: Katrin Hieronimus
Kostüme: Katharina Beth
Licht: Guido Petzold
Videodesign: Kristian Breitenbach
Dramaturgie: Serge Honegger

Theater St.Gallen in Koproduktion mit der Opéra de Lausanne

Premiere: 26. März 2011

Fotos: © Theater St.Gallen / T+T Fotografie, Toni Suter
Texte: © Theater St.Gallen / Serge Honegger 

 

MARIE SALLÉS BEITRAG IN HÄNDELS «ALCINA»
Auszug aus dem Artikel «Gesungene Tänze»

 

«Alcina» gehört zusammen mit «Il pastor fido» und «Ariodante» zu den drei sogenannten «Ballettopern» von Georg Friedrich Händel aus den Jahren 1734 und 1735. Für diese Produktionen am Covent Garden sollte die französische Tänzerin Marie Sallé die dringend benötigte öffentliche Aufmerksamkeit herstellen. Denn dem Konkurrenzunternehmen, der «Opera of the Nobility», war es gelungen, den Kastraten Farinelli zu engagieren.

Wenn Farinelli die auf den Sänger fixierte und vom Adel favorisierte italienische Oper verkörperte, so stand die Tänzerin Marie Sallé für eine in die Zukunft gerichtete Kunst der Darstellung und gegen das Primat des sängerischen Virtuosentums. Der Tanz brachte darüber hinaus ein szenisches Element ein, das der Prachtentfaltung diente und mit den pantomimischen Einlagen von Marie Sallé dem eher statischen Gebaren der Sänger auf der Bühne eine neue Dynamik verlieh. 

 

 

1716 debütierte Marie Sallé als Zehnjährige in einer Londoner Opernproduktion und begann ein Jahr später ihre Tanzausbildung an der Pariser Oper. Dort trat sie zum ersten Mal im Jahr 1727 auf, als sie für ihre Lehrerin Françoise Prévost (1681–1741) in der Ballettoper «Les Fêtes vénitiennes» von André Campra einsprang. In dieser Zeit entwickelte die junge Tänzerin ihre Vorstellung von einem Tanz, der sich nicht mehr an den steifen Regeln des formalen, höfischen Balletts orientierte, sondern ein erweitertes Ausdrucksspektrum zuliess.

Wie Marie Sallé die Tanzszenen in der «Alcina» gestaltete, darüber kann nur gemutmasst werden. Was das Publikum an ihr als Tänzerin besonders bewunderte, war ihre Fähigkeit, in einer kurzen Zeitspanne verschiedene Charaktere darzustellen und eine Entwicklung emotionaler Zustände zu zeigen. Waren früher Sprünge und Pirouetten nur den männlichen Tänzern vorbehalten, zeigten nun auch die Tänzerinnen das anspruchsvolle Bewegungsvokabular.

 

 

Der Tanz von Marie Sallé, der sich dem menschlichen Ausdruck, der Psychologie und der Erzählung öffnete und sich von der reinen Ornamentik verabschiedete, findet eine Entsprechung in Händels Opernkonzeption. Seine Bühnenfiguren sind keine rein auf das Virtuose berechneten Singmaschinen, sondern sie verlangen nach Sängerdarstellern, die menschliches Erleben, Lieben und Leiden vermitteln können.